Vergütung von freipraktizierenden medizinischen Sachverständigen

Stand 01.01.2021

Die nachstehenden Hinweise beschränken sich auf einige in der Praxis häufig auftretende Fragen; sie können nicht als erschöpfende Wiedergabe und Erläuterung des für die Vergütung maßgeblichen Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes (JVEG) angesehen werden.

Die Leistungen der Sachverständigen sind auf Antrag zu vergüten. Der Anspruch erlischt i.d.R., wenn er nicht binnen drei Monaten nach Eingang des Gutachtens bei dem Gericht, welches den Auftrag erteilt hat, geltend gemacht wird. Maßgeblich für den Fristenlauf ist die letzte Heranziehung des Sachverständigen in derselben Sache des Rechtszuges (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Satz 3 JVEG).

Der Sachverständige hat der heranziehenden Stelle unverzüglich anzuzeigen, wenn Umstände vorliegen, die zu seiner Ablehnung durch einen Beteiligten berechtigen, der Auftrag nicht in sein Fachgebiet fällt oder nicht ohne die Hinzuziehung weiterer Sachverständiger erledigt werden kann. Gleiches gilt insbesondere für die Feststellung eines erheblichen Missverhältnisses zwischen den zu erwartenden Kosten und dem Wert des Streitgegenstandes (§ 8a JVEG).

Die Höhe der Vergütung

... für die von dem Sachverständigen erbrachten Leistungen richtet sich nach:

(§ 8 Abs. 2 JVEG)

Unter dem Begriff "erforderliche Zeit" ist der Zeitaufwand, den ein Sachverständiger bei Anlegung eines objektiven Maßstabes bei durchschnittlicher Arbeitsweise und -intensität benötigt, zu verstehen.

Zu den Leistungen, die nach der erforderlichen Zeit zu entschädigen sind, gehören:

  • Aktenstudium und vorbereitende Arbeiten,
  • Erhebung der Vorgeschichte/Anamnese,
  • notwendige Untersuchungen, Auswertung sowie Beurteilung und Zusammenfassung aller für die Beantwortung der Beweisfragen erheblichen Befunde,
  • Abfassung der schriftlichen Beurteilung,
  • Diktat sowie Korrektur des schriftlichen Gutachtens.

Soweit keine Pauschalvereinbarung besteht, soll der Zeitaufwand in der Rechnung nach den vorgenannten Leistungsabschnitten aufgeschlüsselt werden. Dabei ist nach Möglichkeit der hierfür vorgesehene Vordruck zu verwenden. Der Aktenauszug ist auf das für die Begutachtung Relevante zu beschränken, d. h., es sind nur diejenigen Einzelbefunde wiederzugeben, die für das Verständnis der Beurteilung maßgebend sind. Die Wiedergabe des für die medizinische Würdigung unerheblichen Akteninhalts, insbesondere der Prozessgeschichte, kann nicht vergütet werden.

(§ 9 Abs. 1 JVEG)

Die Bemessung des Stundensatzes für medizinische und psychologische Gutachten ergibt sich aus den Honorargruppen M 1 bis M 3 der Anlage 1 Teil 2 zu § 9 Abs. 1 JVEG. Für die Zuordnung in eine Honorargruppe kommt es alleine auf die Entscheidung über die Heranziehung, also insbesondere auf den Inhalt des Beweisbeschlusses bzw. der Beweisanordnung an und nicht auf die tatsächliche Leistung. Hierbei ist der Stundensatz einheitlich für die gesamte Zeit zu bemessen und beträgt je Stunde in der

Honorargruppe M 1: 80 €
Dieser Satz gilt für einfache gutachtliche Beurteilungen ohne Kausalitätsfeststellungen, insbesondere

  • in Gebührenrechtsfragen (z. B. Streitigkeiten bei Krankenhausabrechnungen),
  • zur Minderung der Erwerbsfähigkeit nach einer Monoverletzung, 

(beispielsweise auch Gutachten, zu deren Erstattung zwar wissenschaftliche Fachkenntnisse erforderlich sind, bei denen die Diagnose zu beurteilender Gesundheitsstörungen aber verhältnismäßig leicht zu stellen ist und die Beweisfragen ohne sonderliche Mühe zu beantworten sind; hierunter fallen etwa Gutachten über die Beurteilung von Funktionseinschränkungen bzw. mit einfacherer Diagnostik, wenn die Beurteilung im Wesentlichen auf Zustand oder Funktion eines Organs (Organpaares) bzw. Körperteiles gerichtet ist und keine Kausalfragen zu erörtern sind). 

Honorargruppe M 2: 90 €
Hierunter sind beschreibende (Ist-Zustands-) Begutachtungen nach standardisiertem Schema ohne Erörterung spezieller Kausalzusammenhänge mit einfacher medizinischer Verlaufsprognose und mit durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad zu fassen, insbesondere Gutachten

  • in Verfahren nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch,
  • zur Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit in Verfahren nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch,
  • zu rechtsmedizinischen und toxikologischen Fragestellungen im Zusammenhang mit der Feststellung einer Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit durch Alkohol, Drogen, Medikamente oder Krankheiten, 
  • zu spurenkundlichen oder rechtsmedizinischen Fragestellungen mit Befunderhebungen (z. B. bei Verletzungen und anderen Unfallfolgen), 
  • zu einfachen Fragestellungen zur Schuldfähigkeit ohne besondere Schwierigkeiten der Persönlichkeitsdiagnostik, 

(beispielsweise auch Gutachten, bei denen die diagnostischen oder ätiologischen Fragen oder die Beurteilung des Leistungsvermögens eingehendere Überlegungen erfordern; hierbei handelt es sich etwa um sog. Zustandsgutachten, in denen das Leistungsvermögen des Untersuchten im Rahmen der gesetzlichen Renten- oder Arbeitslosenversicherung sowie die Leidensbesserungen oder -verschlimmerungen bei Neufeststellungen in der gesetzlichen Unfallversicherung unter Berücksichtigung von - auch widersprüchlichen - Vorgutachten und Vorbefunden zu erörtern sind sowie Gutachten, die Zusammenhangsfragen betreffen). 

Honorargruppe M 3: 120 €
Hierzu zählen Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad (Begutachtungen spezieller Kausalzusammenhänge und/oder differentialdiagnostischer Probleme und/oder Beurteilung der Prognose und/oder Beurteilung strittiger Kausalitätsfragen), insbesondere Gutachten

  • zum Kausalzusammenhang bei problematischen Verletzungsfolgen, 
  • zu ärztlichen Behandlungsfehlern, 
  • in Verfahren nach dem sozialen Entschädigungsrecht, 
  • zur Glaubhaftigkeit oder Aussagetüchtigkeit, 
  • zur Anerkennung von Berufskrankheiten, Arbeitsunfällen, zu den daraus folgenden Gesundheitsschäden und zur Minderung der Erwerbsfähigkeit nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch, 
  • zu rechtsmedizinischen, toxikologischen oder spurenkundlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit einer abschließenden Todesursachenklärung, mit ärztlichen Behandlungsfehlern oder mit einer Beurteilung der Schuldfähigkeit,

(beispielsweise auch Gutachten, bei denen eine verwirrende Vielzahl unklarer oder widersprüchlicher Befunde oder anamnestischer Angaben umfassende und vielseitige bzw. vielschichtige Überlegungen des Sachverständigen erfordern; hierzu gehören auch schwierige Zusammenhangsgutachten, die eine eingehende Auseinandersetzung mit Vorgutachten und -befunden erfordern und im Schrifttum vertretene wissenschaftliche Meinungen im Gutachten berücksichtigen; ferner auch Gutachten, in denen die Beantwortung der diagnostischen und Kausalfragen in besonders hohem Maße auf Schwierigkeiten stößt und besonders komplizierte Untersuchungsmethoden und Überlegungen erfordert). 

(§ 10 JVEG)

Soweit Sachverständige notwendige besondere Leistungen i. S. des § 10 JVEG oder der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG persönlich oder durch Zusatzgutachter anderer Fachbereiche erbringen, regelt das Gesetz das Honorar wie folgt:

  • Für Leistungen der in Abschnitt O des Gebührenverzeichnisses für ärztliche Leistungen (Anlage der Gebührenordnung für Ärzte - GOÄ -) bezeichneten Art erhält der Sachverständige ein Honorar nach dem 1,3fachen Gebührensatz. Es handelt sich um Leistungen der Strahlendiagnostik (Abschnitt O I) sowie um diagnostische Leistungen unter Anwendung radioaktiver Substanzen – Nuklearmedizin – (Abschnitt O II) und um Magnetresonanztomographien (Abschnitt O III).
  • Für Leistungen der in Abschnitt 3 (Untersuchungen, Blutentnahme, Entnahme von Proben für die genetische Analyse) , insbesondere Nrn. 300 bis 318 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG bezeichneten Art (mikroskopische, physikalische, chemische, toxikologische, bakteriologische, serologische Untersuchung, Herstellung einer genetischen Analyse sowie elektrophysiologische und raster-elektronische Untersuchung) wird das Honorar nur innerhalb der in Nrn. 300 bis 318 a. a. O. genannten Rahmen geleistet. Als Maßstab für die Angemessenheit der Vergütung werden die einfachen Sätze des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) zum Ausfüllen des Honorarrahmens herangezogen, soweit damit der Honorarrahmen nicht überschritten wird.

Das Honorar für die besonderen Leistungen umfasst sowohl den Zeitaufwand des Arztes für die Untersuchung, Auswertung des Untersuchungsergebnisses einschl. einer kurzen gutachtlichen Stellungnahme sowie die Sachkosten. Die Selbstkosten des Sachverständigen für radioaktive Stoffe, die mit ihrer Anwendung verbraucht werden, sind gesondert erstattungsfähig.

Für diese nach § 10 JVEG entschädigten besonderen Leistungen sind keine Zeitansätze nach § 8 JVEG (vgl. 1. Abschnitt des Merkblattes) zu berechnen, sondern die besonderen Leistungen sind mit dem jeweiligen Gebührensatz abgegolten. 

(§§ 5 – 7, 12 JVEG)

  • Schreibauslagen werden nach Maßgabe der §§ 12 Abs. 1 Nr. 3, 7 Abs. 2 JVEG ersetzt: für das schriftliche medizinische oder psychologische Originalgutachten
    • je angefangene 1.000 Anschläge 1,50 € 
       
  • Für notwendige Kopien und Ausdrucke werden nach § 7 Abs. 2 JVEG erstattet:
    • für die ersten 50 Seiten (bis DIN A3) 0,50 €
    • für jede weitere Seite (bis DIN A3) 0,15 €
       
  • Für die Überlassung elektronisch gespeicherter Dateien werden anstelle von Kopien und Ausdrucken nach § 7 Abs. 3 JVEG entschädigt:
    • je Datei 1,50 €
    • für mehrere Dateien auf demselben Datenträger höchstens 5,00 €
       
  • Die aus Anlass der Begutachtung entstandenen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen werden erstattet nach § 12 Abs. 1 Nr. 5 JVEG. 
     
  • Für notwendige Reisen zur Vorbereitung oder Erstattung des Gutachtens erhält der Sachverständige Fahrtkostenersatz bzw. Aufwandsentschädigung nach den §§ 5, 6 JVEG. 
     
  • Nach § 12 Abs. 1 Nr. 4 JVEG wird die auf die Vergütung entfallende Umsatzsteuer, sofern diese nicht nach § 19 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes unerhoben bleibt, gesondert ersetzt, wenn die Umsatzsteuernummer des beauftragten Sachverständigen angegeben ist.

Die vorstehenden Erläuterungen stellen nur Hinweise der Gerichtsverwaltung dar, die sich aus der gerichtlichen Vergütungspraxis ergeben haben und bieten keine Gewähr dafür, dass die für die Festsetzung der Vergütung zuständigen Gerichte entsprechend entscheiden werden.

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