Kriterien für die Beurteilung des ursächlichen Zusammenhanges
Die Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalls setzt voraus, dass zwischen dem Unfallereignis einerseits und der Gesundheitsstörung andererseits ein ursächlicher Zusammenhang besteht (haftungsausfüllende Kausalität).
Während das Unfallereignis und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung als solche bewiesen sein müssen, genügt zur Bejahung ihres ursächlichen Zusammenhangs die Wahrscheinlichkeit, d. h. nach dem Gesamtergebnis der Ermittlungen, insbesondere den medizinischen Beurteilungen, muss mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang sprechen.
Dabei sind als Ursachen im Rechtssinne nicht als Ursachen im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne anzusehen, sondern nach der im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung anzuwendenden Kausalitätslehre der wesentlichen Bedingung nur diejenigen Ursachen, die im Verhältnis zu anderen einzelnen Bedingungen nach der Auffassung des praktischen Lebenswegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben.
Wenn mehrere Umstände gleichwertig oder annähernd gleichwertig zu dem Erfolg beigetragen haben, so ist jede von ihnen Ursache im Rechtssinne. Kommt dagegen einem der Umstände gegenüber den anderen eine überragende Bedeutung zu, so ist er allein wesentliche Ursache im Rechtssinne. Dies gilt insbesondere im Falle der kausalen Konkurrenz einer äußeren Einwirkung mit einer bereits vorhandenen Krankheitslage; hier ist das Unfallereignis die wesentliche Ursache für die eingetretene Gesundheitsstörung, wenn beide Umstände in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges annähernd gleichwertig sind.
Ist die Gesundheitsstörung dagegen nur bei Gelegenheit einer versicherten Tätigkeit oder in zeitlichem Zusammenhang mit einem Unfall hervorgetreten und wäre sie nach menschlichem Ermessen auch bei jedem anderen nicht zu vermeidenden Anlass außerhalb dieser Tätigkeit oder ohne besonderen Anlass im Ablauf des täglichen Lebens etwa zu gleicher Zeit zum Ausbruch gekommen, so handelt es sich bei der versicherten Tätigkeit oder dem Unfall nur um eine sogenannte Gelegenheitsursache, die nicht die wesentliche Bedingung für den Eintritt der Gesundheitsstörung darstellt, so dass es an dem notwendigen Ursachenzusammenhang im Rechtssinne fehlt.
Für die Annahme des ursächlichen Zusammenhangs muss eine Wahrscheinlichkeit bestehen, d. h. bei vernünftiger Abwägung aller für und gegen den Zusammenhang sprechenden Erwägungen so stark überwiegen, dass die dagegen sprechenden billigerweise für die Bildung und Rechtfertigung der richterlichen Überzeugung außer Betracht bleiben können. Von der „Wahrscheinlichkeit“ ist die bloße „Möglichkeit“ zu unterscheiden, die zur Annahme des ursächlichen Zusammenhangs in der Unfallversicherung nicht ausreicht.
Hinweise zur Schätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE)
Die Bemessung der unfallbedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) richtet sich nach dem Umfang der körperlichen und geistigen Beeinträchtigung d. Verletzten durch die Unfallfolgen und dem Umfang der d. Verletzten dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeit auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Zu berücksichtigen sind die gesamten Umstände des Einzelfalles.
Die Einschätzung der MdE ist zu begründen, zu den aktenkundigen Gutachten und beratungsärztlichen Äußerungen ist Stellung zu nehmen.
Bei der Einschätzung der MdE und deren Begründung sind die in der Gutachtensliteratur enthaltenen allgemeinen Erfahrungssätze zur Höhe der MdE bei bestimmten Unfallfolgen zu berücksichtigen, wie sie dort in Form sogenannter Rententabellen zusammengefasst sind (z. B. bei Mehrhoff/Meindl/Muhr, Unfallbegutachtung). Diese Rententabellen sind als Richtlinien für die gutachterliche Praxis aufzufassen, und abweichende Schätzungen nach oben oder unten sollen anhand der Besonderheiten des Einzelfalles begründet werden.
Weitere Hinweise für die Sachverständigen
Soweit bei der Befunderhebung Bewegungs- und Umfangmaße festgestellt werden, sollen diese unter Verwendung der einschlägigen Messblätter wiedergegeben werden.
Sofern d. Sachverständige für die ordnungsgemäße Erfüllung des Gutachtensauftrages die Durchführung von Zusatzuntersuchungen für erforderlich hält, können diese unmittelbar zu Lasten des Gerichts durchgeführt bzw. in Auftrag gegeben werden. Dies gilt auch für Untersuchungen, die nicht in der Praxis d. Sachverständigen durchgeführt werden können. Bei Gutachten nach § 109 SGG gilt dies nur, soweit die Gesamtkosten den eingezahlten Vorschuss nicht übersteigen.
Sofern d. Sachverständige die Einholung eines Zusatzgutachtens für erforderlich hält, ist dies zunächst dem Gericht unter Nennung des vorgeschlagenen Zusatzgutachters mitzuteilen, damit dieser vom Gericht mit der Erstellung des Zusatzgutachtens beauftragt werden kann. Es wird darauf aufmerksam gemacht, dass eine Abweichung von dieser Verfahrensweise den Entschädigungsanspruch des Zusatzgutachters gefährden würde.
Die Sachverständigen werden darauf hingewiesen, dass die Nichtbeachtung der in diesem Merkblatt gegebenen Hinweise den Entschädigungsanspruch d. Sachverständigen gefährdet, insbesondere die Entschädigung erst festgestellt werden kann, wenn die Beweisfragen unter Beachtung dieser Hinweise ordnungsgemäß beantwortet worden sind.