Hessisches Landessozialgericht Darmstadt

„Unmittelbar vor Beginn“ heißt nicht am Tag zuvor

Versicherte hat Anspruch auf Übergangsgeld während einer Reha-Maßnahme

Nr. 08/2023

Während einer stationären Rehabilitation haben Versicherte gegenüber der Deutschen Rentenversicherung Anspruch auf Übergangsgeld. Voraussetzungen ist, dass sie unmittelbar vor Beginn der medizinischen Leistung Arbeitslosengeld oder eine vergleichbare Leistung bezogen haben und Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt worden sind. Unmittelbarkeit ist auch dann gegeben, wenn zwischen dem Ende des Bezugs von Arbeitslosengeld und der Bewilligung der Reha-Maßnahme neun Tage liegen. Dies entschied in einem heute veröffentlichten Urteil der 2. Senat des Hessischen Landessozialgerichts.

Arbeitslose Frau beantragt Übergangsgeld für Zeit einer medizinischen Reha

Eine 54jährige Frau bezog bis Mitte April 2015 Arbeitslosengeld. Neun Tage später beiwilligte die Rentenversicherung medizinische Rehabilitation, welche nach weiteren fünf Wochen durchgeführt wurde. Die Gewährung von Übergangsgeld für die Zeit der Reha-Maßnahme lehnte die Rentenversicherung ab. Die Frau habe nicht unmittelbar vor Beginn der Reha-Maßnahme Arbeitslosengeld oder eine entsprechende Sozialleistung bezogen. Die Frau machte geltend, dass sie auf den Beginn der Reha keinen Einfluss gehabt habe.

Maßgeblich ist Zeitpunkt der Bewilligung und nicht des Beginns der Reha

Das Hessische Landesssozialgericht verurteilte die Rentenversicherung, der Frau Übergangsgeld für die Zeit der medizinischen Reha-Maßnahme zu gewähren. Der Begriff „unmittelbar vor Beginn“ erfordere keinen nahtlosen Übergang. Bei der Auslegung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs seien Systematik sowie Sinn und Zweck der Gesamtregelung zu berücksichtigen. Das Übergangsgeld solle während einer Reha die Entgelt- und Einkommensverhältnisse aufrechterhalten. Ein zeitlicher Abstand von vier Wochen zwischen dem Ende des früheren Leistungsbezuges und dem Beginn der Reha-Maßnahme sei regelmäßig unschädlich.

Vorliegend komme es zudem nicht auf den Beginn der Reha-Maßnahme an. Maßgeblich sei vielmehr, wann die Rentenversicherung diese bewilligt habe. Denn die Versicherten hätten regelmäßig keinen Einfluss darauf, wann sie die Reha-Maßnahme antreten könnten. Es hätte an der Rentenversicherung gelegen, der Frau unverzüglich nach der Bewilligung auch einen Platz in einer Reha-Klinik zu beschaffen.

(Az.  L 2 R 61/21 – Die Revision wurde nicht zugelassen. Das Urteil wird unter www.lareda.hessenrecht.hessen.deÖffnet sich in einem neuen Fenster ins Internet eingestellt.)

Hinweise zur Rechtslage

§ 65 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) 

(1) Im Zusammenhang mit Leistungen zur medizinischen Rehabilitation leisten 

     3. Übergangsgeld: die Träger der Rentenversicherung nach Maßgabe dieses Buches und der §§ 20Öffnet sich in einem neuen Fenster und 21 des Sechsten Buches, (...) 

§ 20 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) 

(1) Anspruch auf Übergangsgeld haben Versicherte, die (...)

      3. bei Leistungen zur Prävention, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Nachsorge oder sonstigen Leistungen zur Teilhabe unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder, wenn sie nicht arbeits unfähig sind, unmittelbar vor Beginn der Leistungen (...)

          b) Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Kurzarbeitergeld, Arbeitslosengeld, Bürgergeld (...) oder Mutterschaftsgeld bezogen haben und für die von dem der Sozialleistung zugrunde liegenden Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen oder im Falle des Bezugs von Bürgergeld (...) zuvor aus Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt worden sind.
 

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